Haben Sie
schon mal vom "keynesianischen Endpunkt" gehört?
Diese
Wortschöpfung soll angeblich in einer Email vom PIMCO
Mitarbeiter Anthony Crescenzi an seine Klienten entstanden sein. Dieser Endpunkt
ist dann erreicht, wenn ein Staat keine weiteren kreditfinanzierte
Konjukturprogramme und Rettungsmaßnahmen finanzieren kann, weil der
Schuldenstand eine Höhe erreicht hat, in der die Altschulden nicht mehr bedient
werden können, also der Moment, wo ein Staat faktisch bankrott ist. Diesen
Moment hatte z.B. Griechland im April 2010, als es die EU um finanzielle Hilfe
bat, weil es ersichtlich wurde, dass die in kürze fällig werdende Anleihen nicht
bedient werden konnten.
Die beiden
Ökonomen Reinhart und Rogoff haben mit Hilfe einer Studie von 2010 versucht, den Schuldenstand zu
ermitteln, ab dem das Wirtschaftswachstum belastetet bzw gebremst wird. Die
beiden Ökonomen haben dabei die 90%-Marke evaluiert. Diese Marke ist also der
Punkt, der die Endkurve zum keynesianischen Endpunkt einleitet. Die Ökonomen
Herndon, Ash und Pollin wollten die Studie nachvollziehen und sind dabei auf
eine Vielzahl von Fehlern bei der Berechnung gestoßen. Dass sich
Zahlenfehler in wissenschaftlichen Arbeiten einschleichen ist nichts
unnormales.
Nur: Zur
Zeit herrscht unter den Ökonomen ein erbitterter Glaubenskrieg der durch die
jetzige "Euro-Krise" besonders an Schärfe zunimmt, den es geht um die
Deutungshochheit der Ursachen dieser Krise. Während auf der einen Seite keynesianischen
Ökonomen unteranderem ihr Standartrezept von mehr staatlichen
Konjunkturprogrammen, also mehr Staatsschulden propagieren, sieht die Mehrheit
der übrigen Ökonomen aber grade in den zu hohen Schulden das Problem und lehnen
die keynesianischen Standartrezept strikt ab. Wie können mehr Schulden das
Problem lösen, wenn grade die hohen Schuldenstände zur der Krise geführt haben?
Gute Schulden und schlechte Schulden
Gegen
Staatsschulden ist prinzipiell nichts zu sagen, sie können aus Generations
Gerechtigkeitsaspekte sinnvoll sein. Wenn der Staat z.B Infrastrukturprogramme
finanziert um Gebiete zu erschließen und somit die wirtschaftliche Aktivitäten
zwischen Städten fördert und mit langlaufenden Krediten finanziert, werden auch
nachfolgende Generationen mit der Finanzierung belastet, die auch von dem
Infrastrukturprojekt profitieren. Die Verschwendung fängt aber dann an, wenn
der Staat in Infrastrukturprogramme investiert, die garnicht gebraucht werden.
Wenn z.B. Fahradwege gebaut werden wo es überhaupt keine Bedarf gibt oder Geisterflughäfen entstehen.
Als nun die
Berechnungsfehler in der 90% Studie öffentlich wurden und Reinhart und Rogoff
die Fehler eingestanden haben, war das Triumphgeschrei der Fans von einem
Schuldenstaat kaum zu überhören. Er geht soweit, dass es sogar Leute gibt, die
ehrlich glauben, dass Schulden überhaupt kein Bürde darstellt und das Schulden,
vorallendingen staatliche, die Wirtschaft wieder "in Bewegung" setzt.
Nennen wir mal diese Gläubige "Keynsianer". Um nun die Wirtschaft
wieder "in Bewegung" zu setzen wird sogar staatliche Verschwendungen
bewusst in Kauf genommen. So schrieb Keynes[1]:
Wenn das Schatzamt alte Flaschen mit Banknoten füllen und sie in geeignete Tiefen in verlassenen Kohlenbergwerken vergraben würde, sie dann bis zur Oberfläche mit städtischem Kehricht füllen würde und es dem privaten Unternehmungsgeist nach den erprobten Grundsätzen des laissez-faire überlassen würde, die Noten wieder auszugraben, ... brauchte es keine Arbeitslosigkeit mehr zu geben, und mit Hilfe der Rückwirkungen würde das Realeinkommen des Gemeinwesens wie auch sein Kapitalreichtum wahrscheinlich viel größer als jetzt werden. Es wäre zwar vernünftiger, Häuser und dergleichen zu bauen, aber wenn dem politische und praktische Schwierigkeiten im Wege stehen, wäre das obige besser als gar nichts.
Keynes ist
also ehrlich genug wenn er sagt, dass es zwar sinnvoller wäre z.B. Häuser zu bauen
als Arbeitslose mit sinnloser Arbeit zu beschäftigen. Die Kern der Aussage
Keynes ist aber, dass es im Grunde egal ist wofür der Staat das Geld ausgibt,
die Hauptsache ist es wird erstmal ausgegeben um die Wirtschaft wieder in Gang
zu setzen.
In diesem
Zusammenhang war Keynes nicht nur ehrlich, sondern auch vorsichtig. Denn er
stellte gleichzeitig die These auf, dass durch die staatliche Nachfragepolitik "...[das]
Gemeinwesen wie auch sein Kapitalreichtum wahrscheinlich viel größer als jetzt
werden.". Keynes war sich wohl selber bewusst, dass seine These
ohne den Adjektiv "wahrscheinlich" als kühn, ja sogar als falsch
gebrandmarkt wird. Denn jeder weiß, diese zu meist kreditfinanzierte staatliche
Nachfragepolitik muss erstmal finanziert werden. Der Staat muss die Arbeiter
bezahlen, welche ein Loch buddeln um die Flasche mit Banknoten zu verbuddeln.
Und er muss auch die Arbeiter bezahlen, die nach den Flaschen suchen, bzw die
Banknoten zur Verfügung stellen, die als Belohnung in den zu verbuddelten Flaschen
liegen. Der Staat muss also erst Kapital einsetzten, dass er sich bei
Kreditfinanzierung geliehen hat. Was haben aber nun diese Arbeiter mit ihrer
Arbeit produziert? Nichts!
Keynesianischer Voodoo: Multiplikatoreffekt
Die Arbeiter
haben in erster Linie vorhandene Kapitalien verkonsumiert. Die keynesianischen
Wette baut nun darauf, dass durch den kreditfinanzierten Konsum die Wirtschaft
ins Laufen kommt und die Kredite durch die bessere wirtschaftliche Lage dann
wieder zurückbezahlt werden. Basis dieses Glaubens ist der sogenannte (keynesianischen)
Multiplikatoreffekt. Unter Ökonomen ist der Multiplikatoreffekt ein Yeti: Alle
haben darüber mal was gehört, gesehen hat ihn aber keiner.
Grundidee
dieses Effekts: Gibt der Staat eine Geldeinheit aus, so steigt das
Bruttosozialprodukt ebenfalls um eins. Das ist der trivialste Fall, denn die
Staatsausgaben des Staates ist für jemanden anderen eine Einnahme. Der
Multiplikator ist also 1. Hierbei darf man aber nicht vergessen von wo das Geld
kam. Kam es aus Steuereinahmen, hat man lediglich jemandem das Geld weggenommen
der es ja auch hätte ausgeben können. Jetzt tut es eben der Staat. Hat der
Staat Kredit aufgenommen, so wird dieser durch zukünftige Steuereinahmen, also
wieder durch den Steuerbürger, finanziert.
Viel schöner
wird es aber - hier fängt die Voodoo Magie an - wenn der Multiplikator grösser
eins ist, z.B. zwei. Wenn der Staat also 100 Millionen Euro ausgibt, entsteht
über eine längere Frist eine Erhöhung des Bruttosozialprodukt von 200 Millionen
Euro, so die keynesianischen Magiergilde.
Wie ist das
aber möglich? Wenn der Staat 100 Millionen ausgibt, dann hat jemand diese 100
Millionen als Einkommen. Der wiederum gibt davon z.B. 50 Millionen wieder aus,
der nächste gibt davon 25 Millionen aus u.s.w. und sofort. Durch die
Staatsausgaben von 100 Millionen Euro sind wirtschaftliche Aktivitäten
entstanden, die mehr als 100 Millionen betragen. Das ist auch der tiefe Grund,
warum Keynsianer selbst Verschwendung von Staatsausgeben einen Sinn geben
können: Die Wirtschaft kommt kurzfristig wieder in Bewegung. So hat einst Obermagier Paul Krugman vorgeschlagen, die USA sollten eine Bedrohung, eine Invasion aus dem All erfinden. So müssten
gigantische Staatsausgaben getätigt werden, um dieser außerirdischen Bedrohung
zu begegnen. Die Wirtschaft kommt wieder in Bewegung. Gedankenspiel die dem militärisch-industriellen Komplex sicher
nicht unangenehm sind. Nicht umsonst hatte Keynes 1936 geschrieben, dass
besonders in totalitären Staaten seine Politik am effektivsten ist .Erwähnenswert
ist, dass selbst Krugman wertvolle Arbeit zum sogenannten "Dept
Overhang" geleitetet hat in dem er unteranderem der Frage nachgegangen
ist, ab wann "gute" Schulden zu "schlecht" Schulden
werden.[3]Und dieser gleiche Krugman ist nun Galionsfigur der Befürworter für noch
mehr Schulden.
Eine Studie die vom IWF finanziert wurde ging nun auf die Suche nach dem Yeti Multiplikatoreffekt(MF) .[2] Hierbei wurden Daten aus 44 Länder untersucht. Ergebnis: Länder die eine sehr hohen Verschuldungsgrad haben ein gigantischen MF von Null. Das bedeutet, man kann das Geld gleich die Toilettenspülung werfen, es hat die gleichen Effekt, nämlich garkeinen. Der keynesianische Endpunkt ist in Griechenland erreicht.
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Quellennachweise:
[1] John M. Keynes, Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes (1936)
[2] How Big (Small?) are Fiscal Multipliers?
Von Ethan Ilzetzki, Enrique G. Mendoza and Carlos A. Végh
http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2011/wp1152.pdf
[3] http://www.iadb.org/res/ipes/2007/charts/Box10_1.cfm
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